Was ist in den ersten sechs Wochen bis zu den Herbstferien im Deutschunterricht geschehen?

Kann in dieser kurzen Zeit und ohne Kenntnis aller Buchstaben ein strukturorientierter Ansatz überhaupt eingeführt werden?

Ein kurzer Überblick bis hin zu der Einführung des Materials des strukturorientierten Lese- und Schreibansatzes.

In den ersten sechs Wochen müssen zunächst die verschiedenen Sozialformen, Umgangsformen, Regeln und Rituale innerhalb der Klassengemeinschaft und des Unterrichts eingeübt werden. Der Deutschunterricht ist somit zunächst lediglich eine von vielen neuen Anforderungen an die Kinder in der ersten Klasse.

Für viele Fachkräfte ist es nur schwer vorstellbar, dass der strukturorientierte Lese- und Schreibansatz bereits vor den Herbstferien, also nach lediglich sechs Wochen schulischer und fachlicher Sozialisierung in der Schule, sukzessive eingeführt werden kann.

Vorab müssen jedoch einige Informationen eingeholt und viele Begebenheiten geklärt werden:

  • Mit welchem Lehrwerk wird in der Schule (bzw. im Jahrgang) verpflichtend gearbeitet?
  • Gibt es einen jahrgangsübergreifenden Unterricht?
  • Gibt es Vorbehalte gegenüber dem “neuen” Ansatz?
  • Ist eine gemeinsame Vorbereitung von Unterrichtssequenzen und dem damit verbundenen Material innerhalb des Jahrgangs noch möglich?
  • Können Lernkontrollen gemeinsam konzipiert werden (da sich die Ansätze, die dem jeweiligen Deutschunterricht zugrunde liegen, ja grundsätzlich unterscheiden können)?
  • Gibt es individuelle Kopierkontigente?
  • u.s.w.

Es gibt somit sehr viele Begebenheiten, die vorab zu bedenken, zu besprechen und zu klären sind.

Dies sollte eines Unterrichts nach dem strukturorientierten Ansatz jedoch nicht im Wege stehen können, da dieser doch deutliche Vorteile hat und viele Lehrwerke zumindest grundlegend mit nutzen kann.

 

An meiner Schule ist das Deutsch-Lehrwerk “Zebra” des Klett-Verlags grundlegend und verpflichtend. Diesem Lehrwerk liegt die FRESCH-Methode zugrunde, die zumindest in Richtung eines sturkturorientierten Ansatzes aufgebaut ist, sich jedoch auch grundlegend und in wichtigen Punkten davon unterscheidet.

(Hierüber werde ich im Laufe der kommenden Monate sukzessive berichten, je nach Fortschritt der Klasse innerhalb ihres Lese- und Schreiblernprozesses und den damit einhergehenden Baumustern des strukturorientierten Ansatzes und den ggf. konterkarierenden Aufgaben oder Hinweisen im Zebra-Lehrwerk.)

Diese Problematik muss einer Deutschlehrkraft vor dem Start des Schuljahres bereits bewusst sein und mögliche Abänderungen oder das Vorbereiten und Bereitstellen modifizierten oder ganz anderen Materials geplant sein.

Im Endeffekt ist der Einsatz des Großteils des jeweiligen zugrundeliegenden Lehrwerks zunächst unbedenklich, da das Einführen der einzelnen Buchstaben sich nicht von der sonst üblichen Einführung unterscheidet.

Zu bedenken ist jedoch, dass die Lehrwerke oftmals unterschiedliche Buchstaben und Buchstabenkombinationen für erste Buchstabensynthesen voranstellen und auch nicht auf die Nutzung von möglichst Trochäen achten, in welchen in der Reduktionssilbe ein “e” zu stehen hat. Dies ist für den strukturorientierten Ansatz (wie der Name schon sagt) aber von größter Bedeutung.

Es stehen hier Beispiele grundlegend im Anfangsunterricht im Vordergrund, an denen Regelmäßigkeiten innerhalb der Silbenstruktur erkannt werden können und somit zweisilbige Wörter von Nöten sind, in denen stets das “e” in der Reduktionssilbe im Zentrum steht.

Das Lehrwerk Zebra startet nicht mit dem “e” als ersten Buchstaben in seinem Arbeitsheft, so dass dies bedacht werden und eben angepasst werden muss. Somit sind jedoch viele darauf aufbauende Wörter im Zebra für meine Kinder in der Klasse zunächst nicht (oder nicht leicht) lesbar.

Im Zebra-Arbeitsheft sind die ersten Buchstaben das “I”, das “M” und das “A”. Somit können nach dem Zebra-Lehrwerk schnell Wörter wie “im”, “am” oder “Mama” identifiziert und “gelesen” werden.

Für den strukturorientierten Ansatz stehen zunächst in jeder Stunde Silbenschwungübungen im Vordergrund, um das Bewusstsein für die Silben aus denen die Wörter bestehen grundlegend zu schärfen.

Zunächst steht natürlich das “e” im Mittelpunkt und wird ganz konventionell eingeführt.

Dann wird parallel stets stark an der Anlauttabelle geübt, damit die Kinder die benötigten Buchstaben identifizieren können. Dies ist für den frühen Einsatz, bzw. die frühzeitige Einführung des Materials des strukturorientierten Ansatzes sehr wichtig und grundlegend, da nicht erst sämtliche Buchstaben eingeführt werden können und erst dann mit den ersten Leseübungen begonnen werden kann.

Welche Buchstaben nach dem “e” eingeführt werden, ist zwar nicht “egal”, jedoch nicht in dem Sinne von Belang, zumindest nicht nach meinen Beobachtungen.

Es ist jedoch natürlich sinnvoll die Vokale, aufgrund ihrer Wichtigkeit für die Silben, recht schnell einzuführen.

Im Endeffekt haben die Kinder vor der Einführung des Materials für den strukturorientierten Ansatz folgende Punkte grundlegend beherrscht:

  • das Bewusstsein dafür, dass Wörter aus Silben bestehen
  • das “e” als wichtigen Vokal in der Reduktionssilbe
  • die sehr gute Orientierung auf der Anlauttabelle (somit der Kenntnis darüber, wie ein Laut einem Buchstaben zugeordnet werden kann)
  • verschiedene weitere Vokale für den jeweiligen Silbenkern eines Trochäus
  • die Kenntnis darüber, das Vokale jeweils unterschiedlich in Wörtern klingen können

Im nächsten Beitrag geht es dann um die Einführung des strukturorientierten Lese- und Schreibansatzes noch vor den Herbstferien in der ersten Klasse.